Shilpa Gupta

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00:00:01: Reif fürs Museum.

00:00:04: Der Podcast der Lübecker-Museen.

00:00:11: In unserer nächsten Geschichte geht es um Lübeck.

00:00:14: Es geht um Indien und einen echten Star, aber der Reihe nach.

00:00:18: Alle drei Jahre verleiht die Lübecker-Possil-Stiftung den Preis für internationale Kunst.

00:00:23: Damit verbunden ist nicht nur ein Preis Geld in Höhe von ca.

00:00:26: €.

00:00:27: Sondern auch eine Ausstellung hier in Lübeck.

00:00:30: Die findet diesmal in der Kunsthalle St.

00:00:32: Annenstadt.

00:00:34: und spannend aufgebaut.

00:00:36: Muss ich ja mal nachlegen.

00:00:37: Mal sehen, ob es mir gelingt.

00:00:38: Mit dem Pusseepreis werden ja wegweisende Vertreterinnen und Vertreter der internationalen Gegenwartskunst für ihre herausragenden Arbeiten ausgezeichnet.

00:00:49: Und in diesem Jahr kann sich über den Preis die indische Künstlerin Schilper Gupta freuen.

00:00:56: Und die Kunsthalle Sankt Annen ist das erste Museum in Deutschland, das ihr Werk in einer großen Einzelausstellung zeigt.

00:01:05: Also was ganz besonderes.

00:01:06: Und der geheimnisvolle Titel dieser Ausstellung lautet, we last met in the mirror.

00:01:11: Rüber

00:01:12: sprechen wir noch später.

00:01:13: Wir haben uns das letzte Mal zum Spiegel getroffen.

00:01:16: Aber was das bedeutet, darüber sprechen wir später.

00:01:19: Wer ist diese Frau und was zeichnet sie als Künstlerin aus?

00:01:23: Das weiß Nora Dirani, die Direktorin der Kunsthalle Sankt Ann.

00:01:26: Moin Nora.

00:01:27: Hallo.

00:01:30: Noura, die Kunst von Schilpa Gupta, die wirkt ja auf den ersten Blick eher so ein bisschen abstrakt.

00:01:37: Sie arbeitet ja mit verschiedenen Medien und Ausdrucksformen.

00:01:42: Sie macht technisch aufwendige Installationen, Skulpturen, interaktive Videoprojektion und Soundarbeiten.

00:01:50: Ja, und dazu gehören aber auch Zeichnungen und textile Werke oder Formate.

00:01:55: bei denen die Betrachtenden auch zu einem Teil des Kunstwerks werden können.

00:02:00: Nora, um das jetzt mal so runterzubrechen, das ist ja eine ganz schöner Brocken erstmal.

00:02:04: Was ist Schilpa Gupta's Thema?

00:02:07: Also Schilpa Gupta befasst sich wie... eben auch mit den unterschiedlichen Medien, mit einer Bandbreite von Themen, die sich im Prinzip konzentrieren auf die Frage der Grenze, die Frage der Grenzziehung, Grenzen im Kopf, die bei uns im Kopf stattfinden, aber auch territoriale Grenzen und welche Auswirkungen Grenzen auf die Menschen haben, die unmittelbar in der Nähe leben.

00:02:34: oder eben die getrennt worden sind.

00:02:36: Teilweise ja auch gewaltsam sind Familien oder Menschen voneinander getrennt worden durch Grenzziehung.

00:02:42: Diese Erfahrung kennt man in Lübeck ja auch noch.

00:02:46: Also die eine Stadt ist die sehr nah an der damaligen Grenze zur ehemaligen DDR gelegen ist.

00:02:53: Das heißt, das sind Erfahrungen, die Menschen ja nicht nur in Indien machen.

00:03:00: Dort gibt es ganz zentrale, sagen wir mal, Einschnitte.

00:03:04: Nämlich, aus dem Jahr nineteenundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund spiegeln in ganz unterschiedlichen Ländern.

00:03:25: Das ist schon so eine ganz interessanten Bezugspunkt, ihre Arbeit auch zu Lübeck als Referenz dann.

00:03:32: Schilpa Gupta's Lebensmittelpunkt und ihr künstlerischer Ausgangspunkt ist ja Mumbai.

00:03:38: Das ist ja eine Stadt voller Gegensätze und Kontraste.

00:03:42: Einerseits eine der modernsten Städte Indiens, das wichtigste Finanzzentrum des Landes.

00:03:49: Andererseits existiert in Mumbai aber auch einer der größten Slums Asiens.

00:03:54: Reichtum

00:03:55: und Armut liegen hier ganz nah beieinander, soziale Ungleichheiten, die postkonditionalen Brüche, globale Wirtschaftsdynamiken.

00:04:02: Und du hast es ja eben schon so angedeutet, da verdichtet sich vieles, was in der Welt gerade superaktuell ist.

00:04:09: Und ich meine, das ist immerhin eine Mega-City mit sechsundzwanzig Millionen Einwohnern, glaub ich, aktuell, also mit dem ganzen Großraum.

00:04:16: Kann man sich da kaum vorstellen, wie viele Menschen da leben.

00:04:19: Nora, wie prägen diese Verhältnisse ihre Arbeit?

00:04:23: Ja, sehr stark.

00:04:24: Also Mumbai, ihr habt das schon gesagt, ist eine Stadt, die ganz unterschiedlich und vor allem komplexe Lebensrealitäten in einem vereint.

00:04:34: Also es gibt religiöse Spannungen dort.

00:04:37: Es gibt ja ganz unterschiedlichste, sagen wir mal... Identitäten, die sich in dieser Stadt finden.

00:04:43: Es sind achtundzwanzig Millionen Einwohner.

00:04:47: Und das ist

00:04:47: ja

00:04:48: auch ständig.

00:04:49: Das ist eine der größten Städte der Welt.

00:04:51: Man spricht dort über zweihundert Sprachen in dieser Stadt.

00:04:54: Also das muss man sich vorstellen.

00:04:56: Diese Stadt ist unfassbar vielfältig.

00:04:59: Modernität liegt ganz nah an traditionellen Lebenskonzepten, die in der Technologie ist in den Ganz.

00:05:10: ganz weit vorne.

00:05:11: Globalisierungsprozesse treffen da auf traditionelle Lebensentwürfe.

00:05:16: In diesem Spannungsgefühl kommt es natürlich auch immer wieder zu Konflikten.

00:05:21: Und diese spürt man natürlich auch im Alltag.

00:05:26: insbesondere damit zu tun, dass natürlich auch die Regierung national orientiert ist und das hat auch zur Folge, dass Minderheiten unterdrückt werden und es da immer wieder zu übergriffen und zu Protesten kommt.

00:05:40: Also das ist eine sehr, sehr geladene Stadt, eine sehr vielfältige Stadt, eine sehr bunte Stadt, eine sehr auch kreative Stadt, also das muss man schon auch sagen und das prägt, das prägt Chilpa Gupta.

00:05:52: Chilpa Gupta hat selbst gesagt, ihre Kunst, sie könnte ihre Kunst uns nicht machen ohne diese Stadt, ohne die Stadt Mumbai und ohne das Meer.

00:06:01: Also das sind zwei ganz wichtige Größen für sie, deshalb lebt und arbeitet sie auch dort.

00:06:05: Man könnte ja sagen, ein... Eine Künstlerin wie Schilpa Gupta, die international ausstellt, das muss man ja wirklich sagen, sie ist wirklich auf dem Vormarsch und stellt weltweit aus, aber sie lebt und arbeitet, sie hat ihren Lebensmittelpunkt in Mumbai und dafür sich konkret entschieden, weil diese Stadt ihr die Inspiration gibt, auch die relevant sich mit den Themen auseinanderzusetzen.

00:06:28: Im Mittelalter war Lübeck auch eine Mega-City.

00:06:30: Das Meer ist auch nicht so wahnsinnig weit

00:06:34: entfernt.

00:06:35: Aber im Vergleich zum Mumba ist Lübeck natürlich heute doch eher überschaubar, klein und gemütlich.

00:06:40: M. Gupta hatte ich ja bereits hier besucht.

00:06:44: Wie hat sie die Stadt erlebt?

00:06:46: Also ich glaube, das sind genau diese Themen, die sie interessiert haben.

00:06:50: Sie war sehr inspiriert und interessiert von der Idee, dass Lübeck an einer ehemaligen Grenze gelegen ist.

00:06:56: Wir sind auch tatsächlich mit dem Auto dort langgefahren und haben uns den Grenzübergang den ehemaligen angeschaut, waren dort und haben uns mit diesem Thema vornehmlich befasst.

00:07:07: Also das ist etwas, was sie was sie sehr interessiert.

00:07:11: Wie leben die Menschen an der Grenze?

00:07:12: Welche Erfahrungen gibt es in der Stadt?

00:07:14: Es gibt ja Menschen, die auch tatsächlich noch diese gelebte Realität, für die das noch gelebte Realität ist.

00:07:21: Das ist ja gar nicht so lange her.

00:07:23: Es ist ja noch keine Vergangenheit, die abgeschlossen ist.

00:07:26: Und das sind Themen, die für Schilpa Gupta ganz inspirierend waren, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, außerdem aber auch natürlich das Meer und eben diese transnationalen Beziehungen, die Lübeck seit jeher ihr hatt.

00:07:41: Also dieser Blick in die Welt, den es ja schon so lange gibt.

00:07:46: Und ja, das sind glaube ich zwei Themen, die für sie sehr spannend waren.

00:07:51: Schilpa Gupta verknüpft ja auch lokale Beobachtungen mit universellen Fragestellungen und verbindet so Menschen über kulturelle und geografische Grenzen hinweg.

00:08:03: Was hat sie hier in Lübeck beobachtet?

00:08:06: Was ist dir da aufgefallen, Nora?

00:08:08: Also ich glaube, das ist das, was ich schon angedeutet habe, eben so diese Thematik der eigenen Geschichte der Stadt, die sie interessiert hat und die ja auch wirklich in jedem Stein hier noch eingeschrieben und wirklich noch sichtbar ist als im Nestco Weltkulturerbe-Stadt, ist das ja auch alles so gelebte Geschichte, in der wir uns noch bewegen.

00:08:28: Also das hat sie sehr inspiriert als Ort.

00:08:32: Wir haben es ja schon gesagt, es ist Schilpa Gupta's erste Einzelausstellung in Deutschland.

00:08:37: Und sie wird hier viele Exponate zeigen, aber jetzt mal, wenn du dir eins aussuchst, Nora, ein ungewöhnliches, was erwartet uns, was ist eines der spannenden Objekte, die wir da sehen können?

00:08:49: Also ihr hattet es ja anfangs schon gesagt, ihr arbeitet in unfassbar vielen Medien von der Skulptur über die Malerei, die Fotografie, den Film.

00:08:58: Also es ist wirklich alles dabei.

00:09:00: Ich kann vielleicht kurz dazu sagen, sie selbst beschreibt ihre Kunst als Alltagskunst, als Everydayart und damit meint sie, dass sie mit Materialien arbeitet, die sie aufs Alltag entnimmt.

00:09:12: Das heißt, sie arbeitet beispielsweise mit geschmuggelten Motorteilen, die sie über die Grenze gebracht hat.

00:09:22: Die musste man auseinander nehmen, weil sie eben nicht über die Grenze als ganz... getragen werden konnten.

00:09:28: Also wurden sie auseinandergenommen, über die Grenze geschmuggelt und damit thematisiert sie natürlich die Problematik von Freiheit, Bewegungsfreiheit und so weiter.

00:09:37: Das sind Dinge aus dem Alltag, das.

00:09:39: das eine und das andere ist, dass sie sich wünscht, dass Menschen Erfahrungen machen mit ihrer Kunst.

00:09:44: Also dieses Aktivieren über die Erfahrung ist für sie ein ganz wesentlicher Teil ihrer Kunst.

00:09:51: Das heißt, sie arbeitet oft partizipativ.

00:09:55: Sie bringt Dinge in Bewegung entweder sich selbst, die Kunst oder den Besuchenden.

00:10:01: Und in diesem Fall dieses Werk ist, weil du mich nach einem fragst, Listening Air ist eine Arbeit, die ist Raum gereifend.

00:10:07: Die Besuchenden können in den Raum hineingehen.

00:10:10: Er ist relativ abgedunkelt.

00:10:11: Es hängen Mikrofone von der Decke, die auch sich im Raum bewegen.

00:10:16: Diese Mikrofone haben jetzt eine... verkehrte Funktion, also man spricht nicht rein, sondern es kommen Töne heraus.

00:10:26: Und es sind Mikrofone aus den Sechzigerjahren, oft Mikrofone, die man genutzt hat, so erzählt sie und so hat sie es in Erinnerung bei Protesten auf der Straße.

00:10:36: Und aus diesen Mikrofonen, Atönen, Protestlider, aus unterschiedlichen Kulturen, zu unterschiedlichen Zeiten, die Menschen gesungen haben, um eben gegen Unterdrückung auf die Straße zu gehen.

00:10:50: Das ist manchmal sehr, sagen wir, polyphones Erlebnis, was man dann hat, weil sich die Lieder überlagern.

00:11:00: Manchmal hört man sie sehr leise und einzelnd.

00:11:03: und zeigt doch auch, wie Menschen für ihre Wünsche, für ihre Freiheit auf die Straße gehen und welche Relevanz das auch heute ja noch hat.

00:11:13: Man kann in diesen Raum reingehen und kann sich eben aus den unterschiedlichen Ecken in dem Raum diese Lieder anhören, die im Übrigen auch wieder genutzt worden sind.

00:11:24: Also wir haben z.B.

00:11:25: Ciao Bella Ciao, das ist ein Protestsong, der in Italien genutzt worden ist, aber der ja wieder verwendet worden ist in anderen kulturellen Kontexten und dann eben ganz spannend eigentlich um die Welt gereist sind.

00:11:38: Vor ein paar Jahren auch wieder ein Hit war plötzlich, wobei, glaube ich, die wenigsten, die dazu getanzt haben, überhaupt wissen,

00:11:45: was

00:11:45: das für ein Song war.

00:11:46: Und wenn man in diesen Raum reingeht, dann wird man ja auch Teil dieses Kunstwerks.

00:11:49: Und was ich ganz interessant finde ist, was du sagst mit den schmuggelten Autoteilen.

00:11:54: die müssen immer so eine authentische Partie wahrscheinlich haben, also wirklich geschmuggelt worden sein, weil sie könnte ja theoretisch auch ein Motor einfach auseinander nehmen und daraus was bauen.

00:12:03: Nein, nein, das ist echt, also es gibt eine ähnliche Arbeit, die auch das Thema der Linie, also wir haben fünf Kapitel in dieser Ausstellung, das erste sind die Transiträume, also da geht es eben um die Bewegung, also Dinge, die in Bewegung geraten, sie ist selber gepilgert, es gibt eine großartige Arbeit, zwei, sechs, fünf, zwei, das sind vier Zahlen, die sie als eine Art Neon-Installation an die Wand bringt.

00:12:32: Aus Neon werden diese Zahlen an die Wand montiert und bei zwei, sechs, fünf, zwei handelt es sich um zwei Tausend, sechshundert, zweiundfünfzig Schritte, die sie gemacht hat.

00:12:41: um die Alaska Moschee, die Grabeskirche und die Klagemauer in Jerusalem miteinander in einer Art Performance miteinander zu verbinden.

00:12:50: Und sie macht damit sehr deutlich, dass auf engstem Raum ein Jahrhunderte langer Konflikt sich ja quasi dort hochkocht.

00:13:01: Also auf einem so geringen Raum.

00:13:03: Und diese Zahl leuchtet eben in den Ausstellungsraum.

00:13:07: Sie selbst ist dafür gepilgert.

00:13:09: Das ist Ähnliche wie die Arbeit, in der sie Marihuana schmuggelt.

00:13:16: Wirklich über die Grenze schmuggelt zwischen Indien

00:13:19: und... Ist ja nicht so ganz ungefährlich, wenn man das macht.

00:13:21: Überhaupt

00:13:21: nicht.

00:13:22: Überhaupt nicht.

00:13:23: In Indien ist Marihuana... Tricks, strengstens verboten.

00:13:29: Also man darf es nicht besitzen, man darf es nicht rauchen, man darf es nicht essen oder was man sonst damit tun kann.

00:13:35: Aber interessanterweise ist an der Grenze zwischen Bangladesch und Indien, an dem Kontrollpunkt der Grenze sind Felder, Marijuana.

00:13:46: Felder und der illegale Schmuggel mit Marijuana ist da quasi in einer kleinen, sagen wir mal Blase von Akteuren, von beiden Seiten der Grenze, irgendwie geduldet.

00:14:00: Also es passiert, was passiert eigentlich an dieser Grenze?

00:14:02: Also Akteure kommen zusammen, es passiert eine Konstruktion von gesellschaftlicher Zusammenfügung, die dann irgendwie doch funktioniert.

00:14:13: Also obwohl man ja eigentlich die strikte Trennung hat, funktioniert das an der Stelle.

00:14:17: Und sie hat das Marihuana geschmuggelt und hat aus diesen Marihuana-Pflanzen ganz Wunderbare, zarte und das ist auch so typisch für ihre Kunstzeichnungen gemacht, die dann an der Wand in der Ausstellung zu sehen sein werden.

00:14:33: Und dort sind abgebildet Bilder der Kontrolle.

00:14:36: Also man sieht Wachmänner, man sieht einen Kragen von einer Uniform, man sieht eine Schießpistole und so weiter und so fort.

00:14:43: Solche Dinge sind dann aber wirklich aus der Lebensrealität, aus ihrem Alltag heraus und das sind natürlich und das ist... was du auch eben sagt, dass diese universelle Sprache, also es ist eine sehr lokale Erfahrung aus ihrem Lebensumfeld, mit der sich aber eine Menge von Menschen identifizieren können, weil sie ähnliche Erfahrungen an den Orten gemacht haben.

00:15:07: Und ich glaube, das macht ihre Kunst auch so besonders, weil sie so globale, wichtige Fragestellungen, mit denen wir uns aktuell auch... auseinandersetzen, thematisiert und für eine Vielzahl von Menschen zugänglich macht.

00:15:23: Nur du hast Schülper Gupta ja erlebt.

00:15:26: Ihr habt Zeit miteinander verbracht.

00:15:28: Was ist sie für ein Typ?

00:15:29: Ist sie eher ernsthaft oder ist sie auch lustig?

00:15:32: Wie ist sie als Mensch?

00:15:34: Ich war ja in Mumbai.

00:15:36: Das war großartig.

00:15:37: Ich durfte sie besuchen.

00:15:38: Wir waren mit einer kleinen Gruppe dort, um zu... erleben und zu verstehen, wie diese Stadt ist und wie sie dort lebt und mit wem sie unterwegs ist und wo sie arbeitet.

00:15:50: Und das macht natürlich was.

00:15:53: Wenn man auf einmal merkt, wie laut und vielfältig und bunt diese Stadt ist, versteht man ihre Kunst ganz anders.

00:15:59: Also der Blick auf dieses vielfältige Övre und die unfassbar große Tiefe der Themen, die sie wählt, wo die herkommen.

00:16:10: Wir waren an religiösen Orten, an denen sie war, auch als Kind schon immer, weil ihre Mutter sie da hinbrachte, damit böse Geister, die über ihrem Kopf, also tatsächlich ihre Mutter sah das auch auf ihrem Kopf, damit die da weggehen.

00:16:25: Dann musste sie jeden einmal die Woche dort eben in diesen Tempel, den haben wir besucht.

00:16:29: Das war total schön.

00:16:31: Schilpa Gupta ist ein sehr, sehr bescheidener Mensch, unfassbar gastfreundschaftlich.

00:16:39: sehr bedacht, empathisch auf das Gegenüber und sehr mutig.

00:16:45: Also das kriege ich auch manchmal nicht zusammen, wie man so ruhig und bedacht und klar und empathisch und leise sein kann und gleichzeitig so mutig in einem politisch-gesellschaftlichen Kontext Themen anzusprechen, die in die Kunst zu bringen, das finde ich... unglaublich beeindruckend.

00:17:10: Wenn man Marihuana und Mutterteile schmuggelt, muss man

00:17:14: ziemlich mutig sein.

00:17:16: Also auf jeden Fall eine sehr, sehr spannende Künstlerin.

00:17:19: Nora, ein wiederkehrendes Thema in ihrem Werk ist ja die Auseinandersetzung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und wie fragil dieses Recht zurzeit ja gerade ist.

00:17:32: Das macht ihr Werk ja auch besonders aktuell, oder?

00:17:35: Ja, sehr.

00:17:36: Also die Sprache.

00:17:37: Das Wort im Allgemeinen sind ganz wesentliche Parameter ihrer Arbeit.

00:17:42: Das taucht immer wieder auf in unterschiedlichster Form.

00:17:44: Es ist für sie ganz besonders wichtig.

00:17:46: Die Frage nach der Entstehung von Bedeutung, welche Macht das Wort hat, welche Macht die Sprache hat.

00:17:56: Die Sprache ist Instrument der Kontrolle, aber auch als Instrument des Widerstandes.

00:18:01: Über eine Arbeit haben wir gesprochen.

00:18:03: Listening her mit den Protestliedern.

00:18:07: Und sie hat andere Arbeiten, in denen sie auch die Dichtkunst thematisiert.

00:18:13: Beispielsweise zeigen wir eine Arbeit, das ist eine Regal.

00:18:17: Das aufgestellt wird im Ausstellungsraum mit vielen Flaschen.

00:18:21: Und in diese Flaschen hat sie in einem performativen Akt vorab Gedichte hineingesprochen und sie eingeschlossen.

00:18:28: So also stimmen die verstummen, weil sie eben durch Regime ungehört gemacht werden.

00:18:35: So.

00:18:35: Und auf eben diese Thematik zu stoßen, das ist ihr wichtig.

00:18:40: Oder wir werden Zeichnungen zeigen, die Schriftsteller im Verschwinden zeichnet.

00:18:44: Sie macht eine ganz typische, sehr dünne Linien, mit denen sie fast umrissartig Figuren zeichnet.

00:18:53: Diese Umrisse von Schriftstellern sind nur fragmentarisch erkennbar durch... die Vertreter der Macht, also Polizisten oder Militär, die diese Schriftsteller eben versuchen einzukassieren, einen ins Gefängnis zu bringen.

00:19:09: Und das wird eben begleitet durch Sätze aus den Gedichten, die zensiert worden sind.

00:19:15: Also die Zensur von Dichtung, die Zensur von Dicht, spielt immer wieder eine Rolle, weil sie scheinbar eine solche Kraft hat, dass repräsive Staaten, Diktaturen sich davon bedroht fühlen.

00:19:27: Und damit setzt sie sich sehr stark auseinander und es kommt immer wieder in ihrem Werk zum Vorschein.

00:19:35: Und da werden wir diesem Thema, der Macht der Sprache eine ganze Etage widmen und eben da auch nochmal die Wichtigkeit auf dieses Motiv in ihrer Kunst lenken.

00:19:48: Ihr seht schon, es gibt viel zu erzählen zu Schilpa Gupta's Kunst und man versteht sie ja in ihrer ganzen Konsequenz und ihre ganzen Schönheit erst, wenn man die Geschichten dazu kennt, die Nora jetzt eben auch erzählt hat.

00:20:04: und ich vermute mal, ihr habt euch ein Begleitprogramm.

00:20:07: Ausgedacht zu dieser Ausstellung.

00:20:09: Wir haben den Flyer schon gesehen.

00:20:10: Er füllt, also es füllt den ganzen Flyer.

00:20:12: Es ist ein riesiger Flyer mit einem großen Begleitprogramm.

00:20:15: Mit dem Begleitprogramm.

00:20:16: Nora, was habt ihr alles vor?

00:20:18: Eine Unmenge.

00:20:18: Also die Kunsthalle hat ja seit seit einigen Jahren jetzt viele Kooperationen mit tollen Partnern hier aus der Stadt und wir entwickeln gemeinsam Formate.

00:20:29: Da haben wir beispielsweise die dialogischen Rundgänge.

00:20:32: Wir haben mit den Rundgänge mit Das sind mehrsprachige Rundgänge.

00:20:37: Es geht ja auch im Werk von Schilpa Gupta immer um mehrsprachigkeit.

00:20:40: Vielleicht erzähle ich dir noch.

00:20:41: Was zu einem Werk, I Live Under Your Sky Too, das ist auch eine großartige Arbeit, die wird eine ganze Halle in der Kunsthalle einnehmen, in der auf drei unterschiedlichen Sprachen Urdu, Hindi und Englisch dieser Satz immer wieder aufploppt.

00:20:57: I Live Under Your Sky Too.

00:20:59: zeigt doch auf wunderschöne Weise irgendwie, gehören wir alle zusammen und Minderheiten müssen eben auch gesehen werden, dass es ein wichtiges Thema worum es geht.

00:21:11: In ihren Arbeiten schwingt auch immer so ein Hoffnungsschimmer mit.

00:21:15: Also dieses Miteinander, das Zusammenleben und vor allem die Empathie füreinander sind für sie ganz, ganz wichtige Themen.

00:21:21: Also das vielleicht nur so als kleiner Ausflug.

00:21:25: Kleine Schleife.

00:21:27: Kleine Schleife, also mehr Sprachigkeit, weil das eben einfach was ganz, ganz wichtig ist für sie in ihrem Werk.

00:21:32: Also wir werden die mehrsprachigen Rundgänge haben.

00:21:34: Wir werden wieder mit den Sonntagstialogen, Workshops anbieten, Kreativworkshops anbieten.

00:21:41: Wir haben unsere Kunstpause immer Donnerstag.

00:21:43: Das heißt, jemand aus dem Team der Lübeckermuseen wird die Besuchenden für einen kurzen Mittagspausen-Quicky-Führung in der Kunsthalle erwarten.

00:21:53: Da kann ich ja auch Fragen dann stellen.

00:21:55: Genau.

00:21:56: Da kann man jederzeit Fragen stellen.

00:21:57: Wir haben ein großes Programm, auch wenn es um das Thema der Kunstfreiheit geht.

00:22:02: Das wird im nächsten Jahr eine große Podiumsdiskussion geben.

00:22:06: Das ist der sogenannte Sandantok.

00:22:08: Den hatten wir ja schon mal.

00:22:10: interdisziplinär einladen werden.

00:22:12: Was ist eigentlich Kunstfreiheit?

00:22:15: Da werden wir prominente Gäste haben.

00:22:17: Auf dem Podium, wir haben wieder unser Art-Dinner, wo Schilpa Gupta kocht und ein Dinner zubereitet.

00:22:26: Da

00:22:27: sind wir gerade noch in der Terminierung, sehr wahrscheinlich kurz nach der Eröffnung, weil sie ja dann da sein wird.

00:22:34: Das haben wir in Kooperation mit der Tafel, also auch da wieder ein Kooperationspartner.

00:22:38: Eine Straße geht ins Museum.

00:22:40: Das wird eine größere Aktion sein, die wir gemeinsam planen.

00:22:46: Das ist ein Projekt, das hat erst mal stattgefunden in der alten Oper in Frankfurt.

00:22:50: Und wir hatten ein tolles Telefongespräch, sodass wir dieses Projekt übernehmen dürfen, auch für Lübeck.

00:22:56: Wir laden einen ganzen Straßenzug ein ins Museum zu kommen, damit die Menschen, die ja in einer Straße sich vielleicht aber nicht kennen und man lebt so nebeneinander her und weiß gar nicht so viel von sich da noch mal anders in Austausch kommen und gemeinsam ins Museum gehen.

00:23:12: Das ist eine

00:23:13: tolle Aktion.

00:23:15: Ich schau das nicht wahrscheinlich in dieser Straße wohne.

00:23:19: Die Straßen dürfen sich bewerben, wir gucken mal welches wird.

00:23:21: Ich

00:23:21: zieh da noch rechtzeitig hin.

00:23:24: So, und eine Frage habe ich jetzt noch, Nora, zum Titel der Ausstellung.

00:23:28: Ja, wenn wir jetzt unsere Begegnung hier, wenn die ein Titel hätte, dann könnten wir sagen, we last met in the Kunsthalle, sagt Anne.

00:23:35: Heißt aber, we last met in the mirror.

00:23:38: Also frei übersetzt, wir haben uns zuletzt im Spiegel am Spiegel durch den Spiegel getroffen.

00:23:44: Hat das irgendwie was mit Reflexion zu tun?

00:23:47: oder wie seid ihr draufgekommen?

00:23:49: Oder

00:23:49: den Spiegel als ... Fenster in eine andere Welt?

00:23:52: Ja,

00:23:53: auch schön.

00:23:54: Ja, also da steckt so ganz viel drinne.

00:23:57: Es hat was schon mit einem wichtigen Motiv zu tun, ein Schilpasswerk.

00:24:02: Also ich habe die Empathie schon angesprochen.

00:24:05: Ein gutes Miteinander oder wie versetze ich mich eigentlich in mein Gegenüber?

00:24:10: Also die Sensibilisierung für unterschiedliche Sichtweisen, die ja gerade in Konfliktfeldern, in Konfliktgebieten so wichtig wird oder in einer Stadt wie Mumbai, in der einfach so viele Menschen miteinander leben.

00:24:22: Diese Erfahrung der Empathie, die es notwendig macht, das ist aber auch die Idee der Selbstreflexion.

00:24:31: Ich reflektiere mich selbst in dieser Welt und verstandorte mich in dieser Welt und meine Rolle in dieser Welt.

00:24:37: Da schwingt so ganz viel mit, was in ihrem Werk immer wieder aufploppt.

00:24:44: Der Satz We Last Met in the Mirror kommt aus einer Arbeit.

00:24:48: die wir im Eingangsbereich positionieren werden.

00:24:51: Die Arbeit heißt Still, they know not what I dream.

00:24:54: Und es handelt sich um zwei Anzeigetafeln, die immer wieder neue... Frasen anzeigt.

00:25:03: Man kennt diese Anzeigethafen von alten Bahnhöfen oder Flughäfen und dienen eigentlich der Information.

00:25:10: Aber Schilpa Gupta ändert diese Information um in Gedichte.

00:25:14: Und man merkt, diese zwei Anzeigethafen gehen miteinander in einen Dialog.

00:25:17: Und es geht immer um die Frage des Miteinanders.

00:25:21: Und das ist etwas, was hier sehr wichtig ist.

00:25:23: Und mit dieser Idee schicken wir die Besuchenden dann auf die Reise durch die Ausstellung.

00:25:29: Und da entstammt dieser Satz raus, den ich so unfassbar schön fand und der auch so schön korrespondiert mit einer Arbeit, die dann am Ende des Rundgangs zu sehen sein wird, das kleine Auge, das als Spiegel an die Wand mutiert wird, wo der Besucher sich dann nochmal selbst reflektieren

00:25:49: kann.

00:25:49: Das sieht man im Moment auf dem Plakat zur Ausstellung.

00:25:52: Genau.

00:25:52: Ihr seht schon, es gibt viel zu entdecken.

00:25:54: Schilpa Gupta.

00:25:55: Ein internationaler Kunststar, die jetzt hier in Lübeck ihre erste große Einzelausstellung in der Kunsthalle hat.

00:26:02: Und die Werke von Schilper Gupta, die könnt ihr sehen, ab dem siebenundzwanzigsten September in der Kunsthalle Sankt an.

00:26:09: Und die Ausstellung läuft dann noch bis zum ersten März, zwanzigzehntzehntzehntzig.

00:26:14: Alle Infos und auch alles zum Begleitprogramm, das findet ihr auf der Seite der Lübecker Museen oder auf der Seite der Kunsthalle Sankt an.

00:26:24: Nora, ganz vielen Dank fürs Gespräch.

00:26:27: Du hast uns richtig neugierig gemacht auf die Ausstellung.

00:26:29: Ja, vielen Dank für den Besuch.

00:26:30: Ich habe mich wieder mal sehr gefreut.

00:26:32: Es hat viel Spaß gemacht und ja, ich freue mich, mit euch durch die Ausstellung zu gehen.

00:26:36: Danke schön.

00:26:37: Wir uns mit dir.

00:26:38: Es wird ein ganz besonderes Erlebnis.

00:26:40: Das weiß ich.

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